Woran erkennt man einen Leiter?
Jede Gemeinde wünscht sich eine gut laufende und wachsende Kinder-, Jungschar und Jugendarbeit. Gruppen laufen in der Regel nur so gut, wie ihre Leiter sind. Ist der Gruppenleiter begabt, zieht er Mitarbeiter an und es entsteht eine wachsende Gruppenarbeit.
„Einen Leiter erkennt man daran, dass ihm andere folgen.“1
Nehemia kam nach Jerusalem, erzählte den Verantwortlichen seine Geschichte und seine Beauftragung und damit gewann er die Herzen der Juden für das gewaltige Mauerbauprojekt.
Damals wie heute sind viele Menschen bereit, sich einer guten Leitung zu unterstellen. Dabei möchten sie keine Leiter, die per Machtwort Befehle erteilen und einen Kadavergehorsam fordern. Die heutigen Leiter müssen vielmehr die Fähigkeit haben, so voranzugehen, dass die Gruppen ihnen gerne folgen. Leitung geschieht durch überzeugen und nicht durch unter Druck setzen.
„Ein wahrer und sicherer Leiter ist wahrscheinlich jemand, der sich nicht danach ausstreckt zu führen, sondern durch den inneren Druck des Heiligen Geistes und den Druck der äußeren Umstände dazu gedrängt wurde. Meiner Meinung nach kann als eine ziemlich zuverlässige Faustregel gelten, dass derjenige, der bestrebt ist zu leiten, als Leiter schon disqualifiziert ist. Ein echter Leiter wird kein Verlangen haben, über Gottes Erbe den großen Herrn zu spielen, sondern wird demütig, milde, selbst zum Opfer bereit und im Ganzen ebenso willig sein, zu folgen wie zu führen, wenn ihm der Heilige Geist klarmacht, dass jetzt ein weiserer und begabterer Mann da ist als er.“2
Die Gabe der Leitung ist die außergewöhnliche Fähigkeit, in Übereinstimmung mit Gottes Absichten Ziele für die Zukunft zu setzen und diese Ziele anderen so mitzuteilen, dass diese freiwillig und harmonisch zusammenarbeiten, um zur Ehre Gottes seine Ziele erreichen. Diese Definition enthält für mich einen wichtigen Aspekt. Die Gemeinde zu leiten ist etwas anderes als eine Organisation zu leiten. Denn der wahre Gemeindeleiter ist immer noch Christus und deswegen ist ein Gruppenleiter immer jemand, der unter dem Haupt der Gemeinde arbeitet.
Ein Leiter ist jemand, der sich selbst führen kann.
„Nur wenige Führungskräfte sehen ein, dass sie letztlich nur eine einzige Person führen können und auch müssen und die Person sind sie selbst. (Peter Drucker) Das heißt, wer sich selbst nicht führen kann, kann auch andere nicht führen. Die Erfahrung zeigt, dass mir zunächst die Führung meines eigenen Lebens gelingen muss. Und Mitarbeiter achten darauf, ob mir das gelingt.“3 Paulus betont dieses Kriterium in seinen Anweisungen für die Ältesten. Der Älteste soll mit Alkohol richtig umgehen können, sein Aggressionspotential in die richtigen Bahnen lenken, nicht von der Gier nach Geld bestimmt sein und eine hohe Sozialkompetenz an den Tag legen.4
An diesen Punkten wird nach außen sichtbar, ob die Person sich selber leiten kann oder nicht. Wer es nicht schafft, die ihm gestellten Anforderungen und die auftauchenden Probleme positiv zu bewältigen, steht in der Gefahr, aus Gründen der Frustbewältigung zu Ersatzmitteln zu greifen. Hier zeigt sich auch, ob ein Leiter aus der Kraft Christi lebt oder seinen Dienst aus eigener Kraft heraus bewältigt.
Fähigkeiten erfolgreicher Leiter
Die Theorie der „großen Persönlichkeit“ geistert immer noch in den Köpfen herum. „Nach dieser Theorie zeichnen sich Führungspersönlichkeiten durch angeborene, unerklärliche und für Normalsterbliche unbegreifliche Führungsqualitäten aus. …Wer weiß, wer die großen Führungsfiguren sind, kann ihre Persönlichkeiten und ihre Verhalten untersuchen, um bestimmte Merkmale von Führungspersönlichkeiten abzuleiten. Das ist zwar plausibel, aber grundlegend falsch.“5 Es gibt nicht „die“ Leitungspersönlichkeit. Aber es gibt gewisse Eigenschaften, die erfolgreiche Leitungspersönlichkeiten ausmachen. Diese fünf Eigenschaften kann man sich aneignen.
„Erstaunlicherweise sind Intelligenz und Fachwissen nur 20 bis 30 Prozent am Führungserfolg beteiligt. Der Rest sind die Fähigkeiten, die der Persönlichkeit zuzuordnen sind.“6 Wer eine geistliche Jugendarbeit machen möchte braucht natürlich einen Charakter, der sich immer wieder in der Gegenwart Christi formen lässt. Darüber hinaus braucht er die folgenden Eigenschaften. Siegfried Buchholz stellt fünf Eigenschaften heraus, die gute Führung ausmachen.
Fähigkeit zu einer richtungweisenden Vision.
Jeder Mitarbeiter wird in der Regel eine innere Vorstellung davon haben, was eine gute Gruppenarbeit ausmacht und wohin sich die Gruppe entwickeln soll. Diese innere Vorstellung ist oftmals unscharf und lückenhaft, aber sie ist da. Allerdings machen viele einen Fehler: sie reden nicht darüber. Man macht einfach und damit bleibt es für die Gruppe und die anderen Mitarbeiter verborgen. Gute Leiter nehmen sich immer wieder Zeit zur Stille vor Gott, um ihre Vision von Gott zu erbeten. Und aus dieser Stille heraus, entsteht dann die Gewissheit, wohin der Weg geht. Wer das weiß und ausmalen kann, der kann die Vision auch überzeugend kommunizieren. Mit einer klaren und präzisen Vision werde ich mich selber motivieren und andere überzeugen können mitzumachen. Wenn ich den Sinn in dem Weg zur Umsetzung der Vision erkenne, dann kann ich ihn auch anderen vermitteln. Dann sieht auch der andere Sinn in dem, was er tut. Entscheidend ist, ein Leiter muss sagen wofür er ist und nicht in erster Linie wogegen.
Leidenschaft
Leiter müssen lieben, was sie tun. Nur dann werden sie Menschen zur Mitarbeit anstecken. Die eigene Leidenschaft wird Leiter für die Aufgabe begeistern und diese Begeisterung greift um sich. Ohne Leidenschaft und Begeisterung wird vieles nur halbherzig umgesetzt. Gerade im Bereich der Gemeinde brauchen sie eine tiefe Liebe zu Gott, zum Menschen und zur Aufgabe.
Ehrliche Selbsteinschätzung
Eigene Gaben und eigene Grenzen muss ein Leiter selbst reflektieren und gut einschätzen können. Dabei können die eigenen Grenzen durch die Begabungen der anderen ausgeglichen werden. Damit verschafft er anderen den Freiraum, dass er sich und seine Persönlichkeit einsetzen und entfalten kann. Er fühlt sich wertgeschätzt und gebraucht.
Vertrauenswürdigkeit
Wenn Reden und Handeln übereinstimmen, wächst die Vertrauenswürdigkeit. Vertrauen entsteht dadurch, dass ein Leiter immer die gleiche Position einnimmt. Er wird für den anderen berechenbarer, er kann sich auf sein Wort verlassen. Auch wenn die Situation sich verändert, oder wenn Gegenwind kommt, hält er an seiner Vision fest. Das schafft Vertrauen.
Mut und Risikobereitschaft
Ein Leiter muss bereit sein, im Vertrauen auf Jesus mutig voranzugehen, auch wenn ein kalkulierbares Risiko dabei ist. Die Ehrfurcht vor seinem Herrn Jesus Christus und seinem Auftrag muss größer sein als die Ehrfurcht vor Menschen und Meinungen anderer. Dabei ist die Bereitschaft, aus Fehlern und Rückschlägen zu lernen, von großer Bedeutung.
Zum Schluss:
Ein guter Leiter zu sein ist nicht nur eine Gabe, die man hat oder nicht, sondern ist auch erlernbar. Wenn du die Aufgabe eines Leiters übertragen bekommen hast, dann strecke dich danach aus, ein guter Leiter zu sein.
1 Dr. Volker Kessler, Aus dem Unterricht, ACF-Kurs biblische Leiterschaft, Wiedenest September 2002
2 Oswald Sanders, Verantwortung Leitung Dienst, Brockhaus Taschenbuch, 1. Auflage 1985, S.12
3 Buchholz, Siegfried. „Führungsstil nach biblischem Vorbild“ aus Günther Klempnauer. Dr. Siegfried Buchholz. Gottes Grenzgänger zwischen Management und Menschlichkeit. Holzgerlingen: Hänssler, 2001. S.88.
4 1. Timotheus 3,3
5 Crainer, Stuart. „Douglas McGregor Der Mensch im Unternehmen.“ aus ders. Die ultimative Managementbibliothek. 50 Bücher, die Sie kennen müssen. Frankfurt a. M.: Campus, 1997. S 200
6 Buchholz, Siegfried. „Führungsstil nach biblischem Vorbild“ aus Günther Klemp- nauer. Dr. Siegfried Buchholz. Gottes Grenzgänger zwischen Management und Menschlichkeit. Holzgerlingen: Hänssler, 2001. S.79.