Wie digitale Messenger unsere Kommunikation verändern
Sind digitale Medien Fluch oder Segen? Dieser Artikel zeigt, wie digitale Messenger unsere Kommunikation verändern.
Vor einigen Jahren fuhren meine Family und ich mit dem Auto nach Berchtesgaden in den Urlaub. Irgendwo im tiefsten bayrischen Hinterland hatten wir keinen Handy-Empfang mehr und mussten in einem Dorf anhalten, um einen Passanten nach dem Weg zu fragen. Seine Antwort werden wir nie vergessen: »Humdahumpf di humba ubba umpdi doi du bruggnadi.«
Meine Frau und ich sind zwar in München geboren und aufgewachsen, aber wir haben kein einziges Wort verstanden! Ich fand das so lustig, dass ich nur noch schmunzeln und ihn anstrahlen konnte. Obwohl er gemerkt haben musste, dass wir ihn nicht verstehen, hat er seinen Dialekt eiskalt beibehalten – und wir haben das total gefeiert!
Diese kleine, aber witzige Begegnung ist zu einer unseren vielen Familien-Stories geworden. Wir erinnern uns bei passender Gelegenheit daran und haben jedes mal unseren Spaß daran. Und das nur, weil unser Navi streikte – mit einem funktionierenden Handy hätten wir zwar den Weg gewusst, hätten aber auch eine amüsante Ferienerinnerung weniger.
In seinem Buch »analog und digital« reflektiert der Gestalter-Philosoph Otl Aicher über dieses Phänomen: Digital bringt den Menschen ans Ziel (Navi), analog bringt den Menschen in – manchmal überraschende – Verbindung mit seiner Umwelt. Digital ist praktisch, analog ist Begegnung.
Ich betrachte digitale Technik nicht als ein »notwendiges Übel« – nein, ich mag sie! iPhone, iPad, MacBook und Mac, unser Haushalt ist voll mit Technik, und das finden wir gut so. Aber wir machen uns Gedanken darüber, wie digitale Kommunikation unser Leben verändert. Wo liegen – neben den vielen praktischen Stärken – die Schwächen von Messengern & Co.?
Technik kann ein super Hilfsmittel sein: Familienmitglieder, die in verschiedenen Teilen der Welt leben, können regelmäßig zoomen. Man kann die Orga von Teen-Kreisen koordinieren. Oder den Treffpunkt zum Nachtschwimmen vereinbaren. Die Liste ist unbegrenzt. Aber digitale Technik hat auch Schwächen: sie wird nie zu einer »Wundertüte«. Sie bietet kaum überraschende oder tiefe menschliche Begegnungen, und bleibt (relativ) kalt, trotz Emojis und Sprachnachrichten.
Gerade Jugendliche sollten von Messengern & Co. profitieren. Doch ist die »am stärksten vernetzte Generation« gleichzeitig auch die einsamste. Mental-Health-Nöte wie Angststörungen, Einsamkeit und das Gefühl, nie zu genügen, sind so groß wie nie zuvor. Natürlich liegt nicht alles an der digitalen Kommunikation. Aber weniger analog, weniger direkter Kontakt, weniger persönliche Verbindungen tragen ihren Teil dazu bei.
Teens berichten von oberflächlicher Kommunikation, Tippfaulheit, Ghosting, ewig lange Sprachnachrichten, die keiner abhört, und von zunehmender Kommunikation in Gruppen hinein (z.B. WhatsApp-Gruppen), statt einem direktem Austausch.
Ja, digitale Messenger sind praktisch – gerade wenn es darum geht, eine Gruppe über etwas zu informieren oder jemandem kurz ein »Hallo, was läuft?« zu schicken. Aber tiefe, menschliche Gespräche sind meist nicht drin.
Snapchat hat im Frühjahr jedem seiner Nutzer ungefragt einen »KI-Freund« verpasst. Die KI stellt von sich aus quasi-persönliche Fragen wie »Was hörst du für Musik?« etc. Die Idee mit der KI ist für Snapchat jedoch ein mega Reinfall – die Kids hassen es, wenn ihnen vorgegaukelt wird, dass jemand Interesse an ihnen hätte.
Kann es sein, dass unsere digitale Kommunikation manchmal einen ähnliche Reaktionen auslöst? Nutzen wir Tools, die top sind, wenn es um einfache und oberflächliche Kommunikation geht, für tiefere Gespräche – und merken dann: das passt nicht ganz? Das reicht für unsere Jugendlichen nicht aus?
Für Familien, Freunde und vielleicht ganz besonders für Teen-Gruppen in christlichen Gemeinden sollte folgende Regel gelten: Wenn irgend möglich, dann analog! Wenn es möglich ist, dann kommuniziere nicht in eine Gruppe hinein, sondern direkt mit dem Einzelnen. Wenn es möglich ist, texte nicht, sondern ruf an. Wenn es möglich ist, triff dich persönlich mit deinen Teens, statt über Zoom. Das ist kein »Technologie-Bashing«, sondern das Anerkennen, dass wir Menschen sind, die von Gott zu echten und tiefen Beziehungen gemacht sind. Wir alle sehnen uns danach, verstanden zu werden, wahrgenommen zu werden, gekannt zu werden. Analoge Begegnungen machen das erst in der ganzen Tiefe möglich.
Takeaway: Nutze digitale Medien für das, wofür sie richtig gut sind – doch für tiefe, persönliche Beziehungen und Freundschaften gilt: je »analoger«, desto besser!