Scheinbar unscheinbar
Ein unscheinbarer Christ, eine geringe Aufgabe und ein Problem: das Beispiel von Epaphroditus zeigt, worauf es im Dienst für Gott ankommt.
Worum geht’s?
Ein unscheinbarer Christ, eine geringe Aufgabe und ein Problem: anhand der Person von Epaphroditus soll gezeigt werden, worauf es ankommt – gerade bei konkreten und nicht so spektakulären Diensten für Gott.
Mit wem haben wir’s zu tun?
Wenn junge Leute anfangen wollen, Gott zu dienen, indem sie konkrete Aufgaben übernehmen, kann es Schwierigkeiten geben: Was ist, wenn es nicht so läuft, wie man es sich vorstellt? Die Aufgabe ist unspektakulär und damit nicht attraktiv! Ist das, was man tut, für andere überhaupt hilfreich? Das Beispiel von Epaphroditus kann Antworten geben.
Worauf wollen wir hinaus?
Wir wollen zeigen, dass auch unscheinbare Dienste wertvoll sind für Gott und andere Menschen, dass auch Schwierigkeiten im Dienst zum Segen werden können und dass Arbeit für Gott den Zusammenhalt unter den Gläubigen fördert.
Wie gehen wir vor?
Vorbereitung: Inhaltlicher Kontext
Der Bibelarbeitstext ist in ein inhaltliches Umfeld eingebettet. Es ist hilfreich, sich in der Vorbereitung mit dem 2. Kapitel des Philipperbriefs zu beschäftigen. Hier wird beschrieben, mit welcher Haltung Christen ihr Zusammenleben gestalten sollen. Nach einem kurzen Abschnitt mit konkreten Aufforderungen (Philipper 2,1-4) wird diese Haltung an vier praktischen Beispielen demonstriert:
1. Das überragende Vorbild des Herrn Jesus Christus (Philipper 2,5-11) zeigt sich in seiner siebenfachen Erniedrigung: Er verließ sein himmlisches Zuhause, machte sich klein – wörtlich „zu nichts“, wurde ein Diener, begab sich auf eine Ebene mit seinen menschlichen Geschöpfen, stellte sich als Mensch unter die anderen Menschen, war bereit zu sterben, starb – unschuldig – den Verbrechertod. Diese Erniedrigung führte zu seiner unvorstellbaren Erhöhung.
2. Das Vorbild des Apostels Paulus (Philipper 2,16-18) zeigt sich darin, dass er seinen eigenen Dienst im Vergleich zu dem der Philipper klein machte. Er war nur eine Zugabe – wörtlich „Trankopfer“ – zu dem eigentlichen Opfer: dem Dienst der Philipper.
3. Das Vorbild des Timotheus (Philipper 2,19-23) zeigt sich darin, dass ihm das geistliche Wohl der Glaubensgeschwister und die Verehrung des Herrn Jesus Christus ein echtes Anliegen war.
4. Das Vorbild des Epaphroditus (Philipper 2,25-30) soll in der aktuellen Bibelarbeit beleuchtet werden.
Interessanter Nebenaspekt: Paulus, Timotheus und Epaphroditus waren den Philippern persönlich bekannt, für unkritische Glorifizierung dieser Menschen war also hier kein Platz.
Hinweis zur Durchführung:
Neben dem persönlichen vorbereitenden Studium kann es hilfreich sein, wenn der Leiter den Teilnehmern den inhaltlichen Zusammenhang von Philipper 2 kurz erläutert. Dies kann auch nach dem Einstieg geschehen.
Einstieg: Geschichtlicher Kontext
Der Bibeltext handelt von einer konkreten Situation. Um den Text besser zu verstehen, lohnt es sich, den zeitlichen Ablauf der Ereignisse aus dem Text zusammenzutragen. Hierzu sollte neben dem Bibelarbeitstext (Philipper 2,25-30) auch noch Kapitel 4,18 hinzugezogen werden. Die Reihenfolge lässt sich wie folgt rekonstruieren:
1. Epaphroditus ist von der Gemeinde Philippi zu Paulus nach Rom gesandt worden mit einer „Gabe“. Dabei handelte es sich wahrscheinlich um eine finanzielle Unterstützung (Philipper 4,18).
2. Während der Reise oder bei Paulus in Rom wurde Epaphroditus ernsthaft krank – so krank, dass alle dachten, er überlebt es nicht (Philipper 2,27).
3. Die Gemeinde Philippi erfuhr von der Krankheit des Epaphroditus und war sehr besorgt (Philipper 2,26).
4. Das wiederum führte dazu, dass sich Epaphroditus nach den Geschwistern in Philippi sehnte (Philipper 2,26).
5. So sandte Paulus den Epaphroditus zurück nach Philippi (Philipper 2,25), wahrscheinlich gab er ihm den Philipperbrief mit.
Hinweis zur Durchführung:
Die Erarbeitung des zeitlichen Ablaufs der Ereignisse eignet sich als Einstieg. Hierzu kann das Arbeitsblatt 1 verwendet werden.
Die Beziehungen des Epaphroditus
Die innere Haltung des Epaphroditus zeigt sich in seinen Beziehungen, sowohl zu seiner Heimatgemeinde als auch zum Apostel Paulus. Dabei kristallisieren sich unterschiedliche Lernaspekte für uns heute heraus. Die Erarbeitung dieser Beziehungen stellt den Hauptteil der Bibelarbeit dar und wird mit folgenden Fragen bearbeitet:
Dieser Abschnitt kann mit Hilfe der Arbeitsblätter erarbeitet werden. Hier bietet es sich an, das in Gruppen zu tun. Das Fazit sollte dann für alle gemeinsam erläutert beziehungsweise herausgearbeitet werden.
Die Beziehung des Epaphroditus zu Paulus
Im Text werden sechs Aspekte aufgezeigt, die das Verhältnis zwischen Paulus und Epaphroditus näher beleuchten.
1. Epaphroditus war der „Bruder“ (Vers 25): Er wird nicht als kleiner Schüler des großen Heidenapostels gesehen. Paulus und Epaphroditus waren beide erlöste Sünder und das war ihnen bewusst (vergleiche Matthäus 23,8).
2. Epaphroditus war der „Mitarbeiter“ (Vers 25): Seine scheinbar geringe Aufgabe (sozusagen als Botenjunge der Philipper) war eine große Hilfe und Unterstützung für den Apostel Paulus.
3. Epaphroditus war der „Mitstreiter“ (Vers 25): Trotz seines Unvermögens (wie kann ein Todkranker mitkämpfen?) wirkte er mit am Bau des Reiches Gottes.
4. Epaphroditus war der „Diener“ (Vers 25): Obwohl sich wahrscheinlich in seiner schweren Krankheit andere um ihn kümmern mussten, füllte er den Bedarf des Paulus aus.
5. Paulus war „von Kummer überwältigt“ (NeÜ) wegen der Krankheit des Epaphroditus (Vers 27). Das zeigt, dass er Epaphroditus wirklich lieb hatte. Gemeinsamer Dienst im Reich Gottes ist also nicht nur Zweckgemeinschaft, sondern sollte durch Liebe und Mitfühlen gekennzeichnet sein.
6. Epaphroditus „ hat sein Leben gewagt“ (Vers 28): Obwohl die schwere Krankheit kein spektakuläres, sondern ein ungewolltes Wagnis war, wird es von Paulus als aufopferungsvoller Dienst empfunden. Zudem hat Epaphroditus nicht einfach wegen gesundheitlicher Probleme aufgegeben, sondern war treu in seiner Aufgabe.
Fazit:
Die aufgeführten Aspekte machen deutlich, dass auch unscheinbare Aufgaben im Reich Gottes wertvoll sind, selbst wenn sie mit Schwierigkeiten und Rückschlägen einhergehen. Hierbei geht es nicht so sehr um einen wertvollen Dienst, sondern um einen wertvollen Diener. Und das ist eine echte Ermutigung, gerade wenn es um unscheinbare Aufgaben geht.
Die Beziehung des Epaphroditus zu den Philippern
Im Text werden ebenfalls sechs Aspekte aufgezeigt, die das Verhältnis zwischen Epaphroditus und seiner Heimatgemeinde in Philippi beleuchten.
1. Epaphroditus war ihr „Abgesandter“ (Vers 25): Er diente dem Apostel Paulus stellvertretend für die Philipper. Die Ermutigung des Paulus durch seinen Besuch und die mitgebrachte Gabe wird nicht als tolle Leistung des Epaphroditus, sondern als gemeinsamer Dienst der Gemeinde Philippi gesehen. Epaphroditus war praktisch der Außenposten seiner Gemeinde.
2. Epaphroditus „verlangte sehnlich“ nach den Philippern (Vers 26): Er hatte in seiner Heimatgemeinde ein geistliches Zuhause und wäre gern dort. Ihre Sorgen und Freuden waren ihm wichtig.
3. Epaphroditus war „sehr in Unruhe“ darüber, dass die Philipper sich wegen seiner Krankheit Sorgen machten (Vers 26). Das zeigt zum einen das Mitempfinden der Gemeinde (Philippi) mit den Nöten des Einzelnen, zum anderen die Sorge des Epaphroditus um die Gefühle seiner Brüder und Schwestern (vergleiche 1. Korinther 12,26a).
4. Ein (geplantes) Wiedersehen mit den Philippern sollte dazu führen, dass sie „wieder froh werden“ (Vers 28). Die Freude über das Wohlergehen der Glaubensgeschwister ist ein Kennzeichen echter christlicher Gemeinschaft (vergleiche 1. Korinther 12,26b).
5. Die Philipper sollten Epaphroditus „in Ehren halten“ (Vers 29). Das ist keine Aufforderung zu Menschenverherrlichung, sondern eine Anerkennung auch scheinbar unscheinbarer Dienste. Es ist wichtig und ermutigend, wenn kleine Dienste in der Gemeinde bemerkt und anerkannt werden.
6. Epaphroditus „glich den Mangel im Dienst“ der Philipper aus (Vers 30). Er tat das, was den Philippern nicht möglich war (weil sie so weit entfernt waren). Er ging über eine reine Auftragserfüllung (die Gabe zu Paulus bringen) hinaus. Die Unterstützung von Glaubensgeschwistern hat nach oben keine Grenze. Dabei wirft der Dienst des Epaphroditus keinen schlechten Schatten auf seine Heimatgemeinde: er ergänzt ihren Dienst und sticht sie nicht aus.
Fazit:
Die aufgeführten Aspekte machen deutlich, dass der eigene, vielleicht kleine Dienst, eine Arbeit der Gemeinde am Reich Gottes ist. Es ist gut, hinter dem eigenen Arbeiten die Gemeinde zu sehen und am gleichen Strang mit den Geschwistern zu ziehen. Weiterhin zeigt dieser Text, wie wichtig es ist, die (kleinen) Dienste anderer im Blick zu haben und mitzutragen, beispielsweise durch Gebet, Ermutigung, Anerkennung. Und nicht zuletzt wird deutlich, dass der Zusammenhalt der Gläubigen im Dienst für den Herrn Jesus, durch Liebe und Mitgefühl gekennzeichnet sein soll.
Was brauchen wir?
- Kopien der Arbeitsblätter 1-3
Literaturtipps
- J. F. Walvoord/R. B. Zuck (Hrsg.): Das Neue Testament erklärt und ausgelegt, Bd. 5, Hänssler, 1992
- W. MacDonald: Kommentar zum Neuen Testament, CLV, 1997
- D. R. Reid: Kleine Christen. Artikel aus „Folge mir nach“, CSV, 2/1994