Mitarbeiter gewinnen nach dem P.r.o.c.e.s.s.- Prinzip
Mitarbeiter gewinnen gehört in jeder Gemeinde dazu. Eine Hilfe für Leitungsteams bei der Suche und Gewinnung von Mitarbeitern kann dabei das PROCESS-Prinzip sein, was im Folgenden vorgestellt wird.
Rund um das Thema Mitarbeitergewinnung im ehrenamtlichen Bereich sind viele Fragen zu stellen. Ähnlich wie bei der Suche einer Firma nach gutem Personal gilt es auch im gemeindlichen-ehrenamtlichen Bereich sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Das gilt auch dann, wenn wir davon ausgehen, dass die meisten Christen sich ins Reich Gottes investieren wollen. Wir haben als Leiter die Aufgabe, ihnen dies zu ermöglichen. Dazu zunächst ein paar Thesen als Vorbemerkungen.
These 1: Das Reich Gottes erscheint wie ein Fass ohne Boden
Wir müssen einen Boden einziehen und definieren was wir tun und lassen wollen. Keine Firma kann alles machen. Kein Mensch kann das. Auch keine Gemeinde kann alles machen.
These 2: Wir sind mitten in einem gesellschaftlichen Wandel
Der Leistungsdruck steigt. Die Leute haben länger Schule. Das Leben wir komplexer. Deswegen entscheiden sich Leute eher für Projekte als für die Linie. Eher für Teamarbeit als für Einzelarbeit.
These 3: Ziel ist, dass jeder im Reich Gottes mitarbeitet
Das heißt, dass nicht jeder Jugendliche in der Jugendgruppe mitarbeiten muss. Es gibt auch andere Gruppen in der Gemeinde und darüberhinaus in der Gesellschaft.
These 4: Manche Gemeinden haben zu wenige Arbeitszweige
Die Begabungen einzelner Personen können in den aktuellen Arbeitszweigen („Mikrofonaufgaben“) gar nicht gelebt werden. Da kann eine Person z.B. Türkisch und könnte Hausaufgabenhilfe für türkische Kinder anbieten, aber diesen Arbeitszweig gibt es nicht. Dann sollte man ihn aufmachen.
These 5: Wir brauchen Bereiche, wo auch Noch-Nicht-Nachfolger mitarbeiten können
Nicht jeder kann auf jeder Ebene mitarbeiten. Wer geistliche Verantwortung übernimmt, muss auch bestimmte Qualifikationen aufweisen. Aber nicht in jedem Bereich wird geistliche Verantwortung übernommen. Hier erleichtert das Denken auf verschiedene Mitarbeitsebenen das Fördern von Menschen: Geistliche Leitung, Organisatorische Leitung, Linienteams, Projektteams, Helferteams,…. Denn auch und gerade über die Mitarbeit können Leute heute Jesus kennen lernen (belong, believe, behave statt wie früher believe, behave, belong).
These 6: Es herrschen oft übersteigerte Zeit-Erwartungen an Mitarbeiter
Ehrenamtliche Mitarbeit geschieht neben Familie, Beruf und Hobby. Die Möglichkeiten ehrenamtlich tätig zu werden hängen stark von der Lebensphase ab. Nach meiner Erfahrung sind fünf Stunden ehrenamtliche Mitarbeit in der Woche schon viel.
These 7: Zu hohe Qualitätsansprüche können ehrenamtliche Mitarbeit hemmen
Wir vergleichen deutsche, traditionelle, ehrenamtlich geführte Gemeinden mit amerikanischen Mega-Churches. Man kann sich davon inspirieren lassen, muss aber mit dem Vergleichen aufpassen.
These 8: Wir haben keine gute Fehlerkultur
Das macht Angst und hemmt die Mitarbeit: „Man darf ja nichts falsch machen“. Das führt dazu, dass keiner mehr experimentiert oder junge Leute nicht rangelassen werden.
Thesen sind natürlich immer diskutabel. Vielleicht gibt es zu jeder These auch eine Antithese und in der Synthese einigt sich man dann. Deutlich wird aber:
Mitarbeitergewinnung ist für die Gemeinde Gottes ein wichtiges Thema, denn Gott baut sein Reich durch Menschen. Jesus gibt seinen Nachfolgern den Auftrag in die Welt hinauszugehen (Matthäus 28,18-20; Apostelgeschichte 1,8). Als Leiter und Schlüsselpersonen der Gemeinden und ihrer Arbeitsbereiche haben wir die große Verantwortung, Menschen für die Mitarbeit in der Gemeinde zu gewinnen. Nach Epheser 4,11-16 gelingt Mitarbeitergewinnung dann, wenn die Leiter aktiv Leute fördern und das Thema von Gottes Wort her ernst nehmen, weil sie die Verantwortung von Gott her erkannt haben. Das Thema gehört also auf die Tagesordnung von Leitungsteams. Es geht um den Leib Christi. Der soll aufgebaut werden. Es geht dabei nicht darum, mit Menschen irgendwelche Lücken zu stopfen, damit irgendeine Arbeit am Leben bleibt.
Eine Hilfe für Leitungsteams bei der Suche und Gewinnung von Mitarbeitern kann dabei das PROCESS-Prinzip sein, was im Folgenden vorgestellt wird.
Die Berufung von Mitarbeitern nach dem P.R.O.C.E.S.S-Prinzip
PROCESS = Prozess
Die Berufung von Mitarbeitern ist ein Prozess. Es ist keine Feuerlöschaktion. Eine Gemeinde braucht daher eine Berufungsstrategie oder eine Berufungskultur.
P-PRAY = bete
Bete um neue Mitarbeiter für die Aufgabe. Jesus selbst hat schon den Bedarf nach guten Mitarbeitern festgestellt. Sein Tipp in Matthäus 9,35f für die Mitarbeitergewinnung lautet Gebet: Als er die vielen Menschen sah, ergriff ihn das Mitleid, denn sie waren so hilflos und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben. Darum sagte er zu seinen Jüngern: »Hier wartet eine reiche Ernte, aber es gibt nicht genug Menschen, die helfen, sie einzubringen. Bittet den Herrn, dem diese Ernte gehört, dass er die nötigen Leute schickt!«
Gebet scheint also ein Schlüssel zu sein. Wir müssen dieses Bewusstsein in unsere Mitarbeiterkreise und Leitungen hineintragen, statt immer nur über Mitarbeitermangel zu jammern. Wie wäre es mit dem festen Tagesordnungspunkt >Gebet für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter< auf jeder Tagesordnung eines Leitungskreises?
R-REALIZE = realisiere
Realisiere das Potential der Menschen um dich herum. Sie wollen ihre Gaben entdecken und sich für Gott einsetzen lassen. Realisiere, dass sie nach verantwortungsvollen Tätigkeiten suchen. Werfe ein Auge auf junge Leute, die ihre Begabungen entdecken wollen, aber auch auf Leute mit Erfahrung.
Realisiere das Potential deiner Jugendlichen: Können wir die Person für unsere Arbeit gebrauchen? Was kann sie? Was sind ihre Begabungen? Wie verhält sie sich? Wie ist sie geistlich drauf?
Nach der Realisation wird ein Entschluss gefasst, diese Personen genauer zu beobachten.
O-OBSERVE = beobachte
Beobachte die fachliche, geistliche und menschliche Einstellung der Person.
- Das fachliche Können kann entwickelt werden. Wen kann man gezielt auf eine Schulung schicken? Wo ist vielleicht schon eine Begabung vorhanden, die man fördern kann?
- Die geistliche Einstellung ist eine wichtige Voraussetzung, wenn es um Leitungstätigkeiten geht.
- Der Charakter ist sehr wichtig, wenn es um die Zusammenarbeit im Team geht oder wenn der Mitarbeiter mit Menschen zusammenarbeiten muss.
Nach guter Beobachtung wird der Entschluss gefasst, diese Person für eine bestimmte Aufgabe zu berufen, die den Leib Christi stärkt.
C-CALL = berufe
Berufe Menschen konkret in die Mitarbeit. Jesus beruft nach dem Gebet um Mitarbeiter seine Jünger. Im Text aus Matthäus 9,35f geht es in 10,1 weiter: Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, böse Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.
Wir müssen mehr und mehr bewusst ehrenamtliche Mitarbeiter gewinnen und berufen. Als Leiter sind wir Menschen, die Mitarbeiter in Gottes Auftrag zur Mitarbeit berufen (vgl. Mitarbeiterberufungen im Neuen Testament). Leiter sind die Hirten der Gemeinde und Jesus ist unser Oberhirte. Und wenn Jesus Menschen konkret in seine Mitarbeit berufen hat, dann dürfen wir auch konkret werden. Wenn wir als Leitung Mitarbeiter konkret berufen, dann gibt das Menschen auch Sicherheit. Deshalb mache einen offiziellen Termin mit der betreffenden Person aus, wo du ihr die Berufung anträgst. Vielleicht kann man das mit einem Essen verbinden, aber auf jeden Fall muss klar sein, wann die offizielle Anfrage zur Berufung beginnt. Der andere merkt schon durch den Ort, die Art und die Form der Anfrage, dass es um etwas Wichtiges geht. Wir geben dem Gespräch und dem Anliegen Würde. Also bitte nicht irgendwo zwischen Tür und Angel berufen. Als Leiter haben wir die Aufgabe, den Leuten zu zeigen, womit sie ihre Zeit ewigkeitsnachhaltig verbringen können. Wenn wir das nicht tun, dann suchen sie sich andere Betätigungsfelder.
E-EXPLAIN = erkläre
Erkläre die Art der erwarteten Mitarbeit. Gebe der Person ein möglichst konkretes Bild der Aufgabe, damit sie nicht falsche Vorstellungen und Ängste hat, die sie eventuell an der Mitarbeit hindern. Beantworte die Fragen: Was wünschen wir uns von dir? Was ist deine Aufgabe? Was ist das Ziel? Wer ist im Team? Wie arbeitet das Team? Wie viel Zeit wird die Sache kosten? Zeige auch Möglichkeiten der Entwicklung auf: Du musst am Anfang nicht alles können. Du kannst testen, deine Gaben ausprobieren. Erkläre ihr auch den zeitlichen Aufwand (Sitzungen, Gruppenstunden) und die Anforderungen (Fortbildung, geistliches Leben).
S-Save = sichere
Sichere die Entscheidung – save the date. „Bitte entscheide dich am Ende unseres Gesprächs“ – NEIN! – BESSER: „Lass dir Zeit, denk nach, aber in zehn Tagen hätten wir gerne eine Entscheidung von dir. Bespreche die Sache mit deiner Familie und mit Gott. Prüfe!“ Das hilft Leuten. Das ist konkret und daher nimmt es den Druck der Sofort-Entscheidung oder die quälende sich hinziehende Entscheidung. Biete auch eine Ausstiegsklausel an: Mitarbeit zunächst für ein Jahr (oder halbes Jahr)! Oder biete eine Art ehrenamtliches Praktikum an. Vorteil: Die Person kann reinschnuppern und hat nicht den Eindruck sich lebenslang zu verpflichten. Auch Leute, die ihre Gaben entdecken wollen, können so erst mal testen.
S-SPONSOR = fördere/unterstütze
Unterstütze den Mitarbeiter, wenn er anfängt und wenn er schon lange mitarbeitet. Fördere ihn schon vor Beginn und ermögliche eine Fortbildung oder Ausbildung. Baue eine Förderungs-Kultur auf. Eine Kultur zu schaffen ist harte Arbeit. Aus einem steinigen Acker ein fruchtbares Feld zu machen bedeutet Aufwand. So ist es auch mit dem Aufbau einer Kultur der Förderung. Aber die Ergebnisse und die Frucht sind überraschend.
als Team / Besuch eines Schulungskurses für Dynamische Jugendarbeit.
Zusammenfassung
Als Leiter bestimmen wir die Kultur. Wenn wir nicht richtig Mitarbeiter anfragen, dann wird es eben nicht richtig gemacht. Mit dem PROCESS-orientierten Vorgehen bekommt Mitarbeitergewinnung eine Struktur und neue Dimension. Wir berufen Leute zum konkreten Dienst in die Mitarbeit am Leib Christi. Das hilft Leuten, adelt sie gleichzeitig, weil sie merken, dass ihre Begabung gebraucht wird und sich jemand Gedanken über sie gemacht hat. Diese Kultur müssen wir aufbauen.