ELTERN IN DER PUBERTÄT
Die Zeit der Pubertät ist eine Zeit des Umbruchs - und das nicht nur für die Kinder. Dieser Artikel enthält hilfreiche Tipps für die Erziehung der eigenen Kinder.
Vor und während meines Studiums arbeitete ich in einem Kinderheim und betreute eine Gruppe von 7 bis 9 jährigen Jungen. Sie kamen aus unterschiedlichsten Familiensituationen. Sie waren oft traumatisiert und forderten die drei jungen Männer, die sie betreuten, sehr heraus. Seit dieser Zeit beschäftigt mich die Pädagogik, die Diakonie und Sozialarbeit. Als meiner Frau und mir selber Kinder geschenkt wurden haben wir die gleiche Erfahrung wohl aller Erzieher gemacht: Das Erziehen fremder Kinder ist viel leichter, als das eigener Kinder. Das Erziehen fremder Kinder ist viel leichter, als das eigener Kinder. Immer wieder merkte ich, auch beim Umgang mit den eigenen Kindern und Enkeln, wie schwierig die Erziehungsarbeit ist. Regeln, die man bei anderen Kindern leicht anwenden kann, sind beim „eigenen Fleisch und Blut“ viel schwieriger durchzusetzen. Ja, so will ich diese Zeilen schreiben, als Mut Macher in einer vielleicht jetzt gerade Wut machenden Situation.
Beobachten Sie gründlich die Situation beim Kind und bei sich selbst
Unterschiedliches Verhalten diagnostizieren und festhalten fällt Eltern oft sehr schwer, weil Sie geschockt sind, dass das geliebte Kind „plötzlich“ so ganz anders geworden ist. Aber stimmt diese Beobachtung? Nein, seit Wochen (manchmal Monaten) haben Sie die Veränderungen kommen sehen. Sie haben aber nicht reagiert. Vielleicht weil Sie dachten, es würde sich alles schon zurechtfinden. Das tut es auch, aber nicht ohne ihre Mithilfe. Das Gespräch suchen ist meist leichter gesagt als getan. Hier hilft auch nicht, wenn wir uns auf „jugendlich trimmen“ und die Nähe der Jugendlichen mit Geschenken erkaufen möchten. Signalisieren Sie ihr Interesse, ohne zu aufdringlich zu sein und vermeiden Sie „Anbiedereien“.
Vor allem seien Sie nicht so schnell beleidigt. Ihr Kind will Sie nicht ärgern, es weiß nur noch nicht, wie es sich verhalten soll. Zeigen Sie ihm Ihre Liebe durch Zuwendung und Verständnis. Sagen Sie ruhig, was Ihnen wehtut, aber bitte nicht wehleidig und im Selbstmitleid. Schreiben Sie Ihre Beobachtungen auf, besprechen Sie sie mit Ihrem Partner und/oder mit vertrauten und verschwiegenen Geschwistern in der Gemeinde.
Suchen Sie das informelle Gespräch
Erziehung findet nebenbei statt, beim Spaziergang, bei Autofahrten, Ausflügen und dem Erledigen von Aufgaben, die vielleicht jetzt neu Spaß machen. Suchen Sie beim Autoputzen Möglichkeiten, ihr Kind näher mit der Technik vertraut zu machen, die es interessiert. Oder lassen Sie sich EDV- und Handy-Technik von ihr bzw. Ihm erklären. Ich weiß noch, wie mein Vater mich mitten in der Sturm-und Drangphase bat, ihn beim Kauf eines Diaprojektors zu beraten. Viele Prospekte hatte ich gesammelt, unzählige Fotogeschäfte abgeklappert und kam mir ganz wichtig vor. Wie stolz war ich, dass nicht nur unsere Gemeinde einen von mir empfohlenen Projektor kaufte, sondern noch zwei benachbarte Kollegen auch einen wollten. Erstmals in meinem Leben konnte ich auch noch Prozente für die Gemeinde herausholen. So geht das heute nicht mehr. Die Technik/Elektronik ist viel weiter und verändert sich ständig. Gerade da haben oftmals die Teenager weit mehr Ahnung und Wissen. Erwachsene sollten das nutzen.
Vorsicht vor Beziehungsfallen
Die bisherigen Machtverhältnisse hat ihr Kind längst durchschaut. Es spürt auch Ihre Ängste. Ja, in Krisenzeiten Ihrer eigenen Beziehungskisten überträgt es vieles und nimmt massenhaft ihre Ängste auf. Geben Sie das ruhig zu. Machen Sie sich und ihrem Kind klar, dass Sie kein Übermensch, besser vielleicht kein Super-man(n) sind und stehen Sie zu Ihren Fehlern.
Korrigieren Sie ihr Kontrollverhalten. Lernen Sie, die Eigenverantwortlichkeit ihrer Jugendlichen zu stärken und üben Sie nur so viel Kontrolle wie nötig aus. „Vertrauensvorschuss“ ist hier ein hilfreicher Begriff, der aber auf beiden Seiten erarbeitet werden muss.
Nehmen Sie die Selbständigkeitsbestrebungen der Jugendlichen ernst und fragen sie sich, wo sie Position beziehen müssen.
Stellen Sie sich Auseinandersetzungen nur wenn wirklich nötig; versuchen Sie stattdessen eine „gesunde Streitkultur“ zu entwickeln, in der Respekt auf beiden Seiten wachsen kann. Dazu gehören Witz, Toleranz und Liebe.
Lernen Sie es auszuhalten, wenn Sie entidealisiert werden
Oft können wir kaum zwischen pubertärem Übermut und wirklichen Grenzüberschreitungen unterscheiden.
Traum-Mama und Traum-Papa sind Sie schon lange nicht mehr. Aber glauben Sie mir, Sie werden es wieder. Je älter Ihre Kinder werden desto mehr wird ihnen auffallen, dass ihre Eltern auch was können und sogar manchmal Recht haben. Deshalb rät Klaus Fischer, dessen Materialien sehr empfehlenswert sind:
- Tun sie Ihren Teil dazu, ein erwachsener Partner ihrer Kinder zu werden!“ Seien Sie erwachsen, auch wenn Sie dafür Provokation ernten
- Nisten Sie sich im Hinterkopf der Jugendlichen als Stimme ein
- Unterstellen Sie immer wieder, dass die Jugendlichen für sie genauso wichtig sind wie umgekehrt
- Vermeiden Sie Ironie! Sie trifft meist härter als gewollt.
Umgang mit Fehlern
Wenn meine Frau und ich über diese Zeiten nachdenken haben wir vielleicht den Fehler gemacht, dass wir den Kindern Dinge abgenommen oder von ihnen ferngehalten haben, die sie selber hätten bewältigen sollen. Sie „gegen die Wand laufen zu lassen“ brachten wir nicht übers Herz. Andere Eltern überlassen alles einem gewissen Selbstlauf, ohne einzugreifen oder deutliche Hinweise zu geben. Wir haben es damals nicht besser gewusst oder gekonnt. Wie gut, dass wir mit ihnen darüber sprechen konnten. Und noch besser, dass wir für solche und andere (Erziehungs-)Fehler um Entschuldigung bitten durften. Was für ein Vorrecht, dass wir auch in der Familie aus der Vergebung und in der Vergebung leben. Verzagen Sie also bitte nicht, lassen Sie sich nicht unterkriegen und geben Sie nicht auf!
Für meine Frau und mich war es immer wichtig uns daran zu erinnern, dass wir unsere Kinder ganz bewusst dem Herrn Jesus Christus anvertraut haben. Und wenn wir am hilflosesten waren, keine Antwort auf die Frage hatten „Warum lässt Gott das zu? ER könnte doch …“, haben wir dies umso fester erneuert.
Als gläubige Christen haben wir aber auch dieses Vorrecht: Gebet und Stille vor Gott. Und damit die Kraft, mit anderen Menschen solche Stresssituationen auszuhalten, die wohl auch über die Pubertät hinaus nicht aufhören. Ermutigung ist uns das Bibelwort: “Lasst uns aufsehen auf Jesus, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens!“ (Hebräer 12,2) Oder – wer das lieber entspannter lesen möchte: „Ist der Himmel noch so trübe, immer hoch die gelbe Rübe!“!
Manches was uns „damals“ so nervte kommt bei Hochzeitsjubiläen oder runden Geburtstagen geradezu lustig daher: „Weißt Du noch, Weihnachten 1986?“ oder „als er/sie mit Glöckchen an den Hosen oder Löchern in den Jeans rumliefen“. „Später gähnt man über manches, das einen früher geärgert hat“ Dann lachen wir über manches, was uns in der Situation damals aufregte und traurig machte. „Später gähnt man über manches, das einen früher geärgert hat“ las ich neulich und fühlte mich ertappt.