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Gewissen

Eine göttliche Einparkhilfe

Das Gewissen – wo es herkommt, wie es funktioniert und wie wir von einem schlechten zu einem guten Gewissen kommen, damit wir es bewahren.

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11. Juli 2013
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4 min

Im letzten Winter war ich häufig mit einem Wagen unterwegs, der mit Einparksensoren ausgerüstet ist. Immer wenn ich mich einer Mauer, einem anderen Auto oder auch einem Lebewesen näherte, wurde ich mit einem unangenehmen Piepen konfrontiert. Das Signal nervte so lang, bis ich wieder genügend Distanz zu dem Hindernis hatte. Nach ein paar Fahrten fiel mir auf, dass es hinten links besonders oft piepte und zwar immer, wenn ich rückwärtsfuhr. Anfangs ging ich davon aus, dass hinten links tatsächlich Gefahr drohte – ein Schneehaufen beispielsweise – bis ich realisierte, wie unwahrscheinlich eine ständige Gefahr hinten links ist. Es stellte sich heraus, das der Sensor defekt war: Er meldete Gefahr, obwohl kein Anlass bestand. Das Gewissen kann falsch eingestellt sein – wie der Parksensor – und sich melden, wenn wir alles richtig gemacht haben, und auch so schwach und abgestumpft sein, dass es sich gar nicht mehr rührt.

Diese so fortschrittliche und mehr oder weniger funktionierende Technik erinnert mich an das Gewissen. Unser Gewissen (griechisch: Gewissen, Bewusstsein oder Mitwisser sein) ist ein sensibles Warnsystem, das jedem Menschen von Geburt an eingebaut wurde. Es meldet sich vornehmlich, wenn wir im Begriff stehen einen Fehler zu machen im Sinne einer moralischen Übertretung und spätestens, wenn wir ihn gemacht haben und dann nachhaltig. Da es von Gott ist, ist es natürlich ursprünglich mit Gottes moralischen Maßstäben geeicht. Es ist ein Bewusstsein der göttlichen Normen, die in unseren Herzen sind (Römer 2,15).

Das Gewissen ist begrenzt in seiner Funktion und kann nicht als absolute Instanz gesehen werden. Es kann falsch eingestellt sein – wie der Parksensor – und sich melden, wenn wir alles richtig gemacht haben, und auch so schwach und abgestumpft sein, dass es sich gar nicht mehr rührt. Wir können über unser Gewissen entscheiden, ob und wie wir seiner Stimme Bedeutung beimessen oder nicht. Wir können die Sensortechnik ausschalten.

Das Gewissen ersetzt niemals Gottes geoffenbartes Wort und es ist nicht in der Lage uns letztlich vor dem Bösen zu retten oder den entstandenen Schaden zu beheben.

Das schlechte Gewissen

Meist sprechen wir vom schlechten oder bösen Gewissen. Genauso wie der Parksensor ruhig ist, wenn wir richtig und sicher unterwegs sind, meldet sich die Stimme des Gewissens nur bei Gefahr. Daher finden wir den ersten Hinweis auf die Funktion und auch die Auswirkung des menschlichen Gewissens erst, nachdem der Mensch in Sünde fiel. Erst da bekommt er ein Bewusstsein von Gut und Böse und versteckt sich im Gebüsch, weil er sich schämt (1. Mose 3).

Das schlechte oder verletzte Gewissen ist somit ein Markenzeichen des gefallenen Menschen. Das durch Sünde und Fehlverhalten verletzte und beschmutzte Gewissen haftet uns an und ist uns mehr oder weniger bewusst. Es ist der Mitwisser, der alle sündhaften Taten, Worte und sogar Gedanken auf seine Festplatte brennt und sich im Lauf der Zeit immer wieder meldet und entsprechende Worte oder Bilder mahnend ins Gedächtnis ruft. Wir relativieren unser Tun und vergleichen uns insgeheim mit – in unseren Augen – schlechteren Menschen.

Damit wir einigermaßen in Ruhe leben können, haben wir Mechanismen entwickelt um diesen Zustand tragbar zu machen. Wir relativieren unser Tun und vergleichen uns insgeheim mit – in unseren Augen – schlechteren Menschen. Wir bringen den inneren Mahner zur Ruhe, indem wir unsere eigenen Gesetze entwerfen und den obersten Richter leugnen (Römer 1,21-23). Wir sind auch der Meinung, dass Gras über diese oder jene Angelegenheit wächst und dass die Zeit heilt, auch in Bezug auf unser verletztes Gewissen.

Das gereinigte Gewissen

Letztendlich kann nur Gott unser Gewissen wiederherstellen. Er reinigt es durch das Blut Christi. Durch die Vergebung Gottes, durch das Austilgen der Schuld vor Gott und Menschen wird unser Gewissen zur Ruhe gebracht. Da, wo wir gegen Menschen gesündigt haben, können wir sie bekennen, um Vergebung bitten und Wiedergutmachung leisten. Auch wenn es uns manchmal schwer fällt, wir dürfen uns darauf verlassen, dass Gott die Festplatte unseres Gewissens komplett entrümpelt und neu formatiert.

Während die Vergebung und die Reinigung des Gewissens ein punktuelles Ereignis ist, haben wir es bei der Neueinstellung unseres Gewissens mit einem Prozess zu tun. Das durch falsche Wertmaßstäbe verbogene und durch permanentes Ignorieren abgestumpfte oder auch übersensible Gewissen (manche wollen biblischer als die Bibel sein) muss neu ausgerichtet und eingestellt werden. Allein Gottes Wort kann uns die Definition von Gut und Böse liefern. Es steht über unserem Gewissen. Luther sagte, als er sich zu Worms verantworte musste:

„Wenn ich nicht durch Schriftzeugnisse oder einen klaren Grund wiederlegt werde …, so bin ich durch die von mir angeführten Schriftworte überwunden. Und da mein Gewissen in den Worten Gottes gefangen ist, kann und will ich nichts widerrufen, weil es gefährlich und unmöglich ist, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir. Amen.“
„Wehe denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die Finsternis zu Licht und Licht zu Finsternis erklären, die Bitteres süß und Süßes bitter nennen“ (Jesaja 5,20).

Gottes Wort ist in der Lage Licht in unser verwirrtes Denken zu bringen und unser Gewissen zu schärfen und zu sensibilisieren. Hier jedoch bewegen wir uns in einem Spannungsfeld: Während viele grundlegende moralische Maßstäbe sehr deutlich an uns gerichtet sind, beispielsweise durch die 10 Gebote oder die Bergpredigt, können in zweitrangigen Fragen die Gewissen unterschiedlich anschlagen. Auch hier gibt uns die Schrift eine Leitlinie: Verhalte dich so, dass du dem schwachen Mitchristen nicht zum Anstoß wirst. (1. Korinther 8,9).

Das gute Gewissen

Der Begriff „Gutes Gewissen“ kommt im Neuen Testament häufig vor. Es ist erstrebenswert vor Gott und Menschen ein gutes Gewissen zu haben (Apostelgeschichte 23,1 + 24,16). Es gehört letztlich zu dem Ziel aller göttlichen Weisung:

„Das Endziel des Gebotes aber ist Liebe aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben“(1. Timotheus 1,5).

Man kann es von sich stoßen, was Schiffbruch für den persönlichen Glauben bedeutet, wenn es zu einer bleibenden Einstellung wird (1. Timotheus 1,19). Es ist ein kostbares Gut, was es zu bewahren gilt (1. Timotheus 3,9).