Du kannst Seelsorgen
In diesem Artikel geht es um die Seelsorge und den Umgang mit den Menschen, denen wir tagtäglich begeg- nen und die „ganz normale Probleme“ haben.
Die meisten von uns kennen Menschen, die in Not sind, vor wichtigen Entscheidungen stehen, traumatische Ereignisse erlebt haben oder einfach nur „schlecht drauf“ sind. Ziemlich schnell ist uns eigentlich klar, dass er oder sie Hilfe braucht.
Leider lassen wir den anderen dann oft in seinem Frust alleine, weil wir uns hilflos fühlen und nicht wissen, wie wir ihm oder ihr helfen können. Vielleicht haben wir auch Angst, falsch zu reagieren und Fehler zu machen. Diese Angst führt oft dazu, dass wir dieses Aufgabengebiet an erfahrene und qualifizierte „Fachkräfte“ abgeben wollen.
Obwohl es bestimmt schwerwiegende Lebenskrisen gibt, die erfahrene Seelsorger erfordern und wir dann auch den Mut haben sollten zuzugeben, dass wir mit der Problematik überfordert sind, so soll es in diesem Artikel schwerpunktmäßig um die Seelsorge und den Umgang mit den Menschen gehen, denen wir tagtäglich begegnen und die „ganz normale Probleme“ haben. Sollen wir die Finger von ihnen lassen oder sollen wir ihnen helfen und ihnen beistehen? Ist es überhaupt unsere Aufgabe bzw. unser Auftrag als Christen?
Seelsorge ist
Dienst für den Herrn,
weil er persönliche Hilfe so sieht, als sei sie ihm gegenüber geschehen.
„…ich war krank, und ihr besuchtet mich; ich war im Gefängnis, und ihr kamt zu mir. … Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr es einem der geringsten dieser meiner Brüder getan habt, habt ihr es mir getan.“ (Matthäus25,36-40)
Dienst an der Gemeinde
Durch das Leiden des Einzelnen sind oft auch andere Geschwister betroffen.
„Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit.“(1.Korinther12,26)
Weiterhin kann eine mangelnde Vergebungsbereitschaft oder anhaltende Zwietracht zur Bitterkeit führen und diese wiederum belastet die ganze Gemeinde.
„Achtet darauf, dass nicht irgendeine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse und euch beunruhige und die vielen durch diese verunreinigt werden.“ (Hebräer12,15)
Dienst am Einzelnen
Als David König war, lies er nachforschen, ob noch jemand aus Sauls Familie am Leben sei. Sein Ziel mit diesem Menschen war:
„Ich möchte ihm Gutes tun, damit er Gottes Güte durch mich erfährt.“(2.Samuel9,3)
Indem wir anderen dienen, können wir ihnen zeigen, wie Gott ist und ihnen Mut und Hoffnung zusprechen.
Dienst an Familien
Wir können Familien durch unsere Mitarbeit im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit unterstützen und auch die Freizeitarbeit ist ein wichtiger Beitrag zu ihrer Entwicklung. Allein dadurch, dass wir bereit sind, für unsere Kinder und Jugendliche Vorbilder zu sein und ihnen einen lohnenswerten und authentischen Glauben vorleben, können wir einen enormen Beitrag bei der Erziehung leisten, der für die Familien von großer Bedeutung sein kann.
Dienst für die Gesellschaft
Letztendlich leisten wir durch die Seelsorge auch einen Dienst an der Gesellschaft, indem wir zum Beispiel dazu beitragen, dass Jugendliche einen Rahmen erhalten, in dem sie Gemeinschaft pflegen können, in dem sie sinnvolle Aufgaben finden, Verantwortung füreinander und für die Gesellschaft lernen und indem wir ihnen Werte vermitteln, die sie selbst und andere schützen.
Seelsorgen bedeutet also dienen und die Bibel sagt uns, dass genau das unsere Aufgabe und unser Auftrag ist. Wir sind gerettet, um dem lebendigen Gott zu dienen! Indem wir uns anderer annehmen, dienen wir dem Herrn und das soll uns Freude und Antrieb für diese Aufgabe geben.
Aber der Dienst an anderen beinhaltet auch, dass wir persönliche Voraussetzungen mitbringen, dass wir bestimmte Kompetenzen haben (oder erwerben), die für diesen besonderen Dienst der Seelsorge unabdingbar sind. Dazu gehören:
Persönliche Beziehung zum Herrn
Ich kann dem anderen nur helfen, wenn ich persönlich meine Beziehung zum Herrn pflege. Wir brauchen den Heiligen Geist und (meistens) keine Methode um zu erkennen, was für den anderen gerade dran ist und ob das, was er vorbringt sein eigentliches Problem ist. Außerdem ist für den Ratsuchenden oft ziemlich schnell klar, ob ich das, was ich ihm oder ihr empfehle selbst lebe und ob es in meinem eigenen Leben eine tragende und unverzichtbare Kraftquelle ist.
Gute Bibelkenntnis
Wir sollten unsere Ratschläge biblisch begründen können. Die Bibel ist kein „Seelsorgelexikon“ aber sie zeigt uns Prinzipien, an denen wir uns orientieren können.
„Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig zugerüstet.“(2.Timotheus3,16-17)
Dieser Vers zeigt viele Aspekte seelsorgerlichen Handelns (Überführung, Zurechtweisung, Unterweisung…) und legt das Ziel der Seelsorge dar: vollkommene (reife, erwachsene, mündige) Menschen Gottes.
Bereitschaft zur persönlichen Veränderung und Korrektur
Jeder von uns ist ein begnadigter Sünder. Auch der seelsorgerlich Tätige hat und macht Fehler und lebt aus der Gnade Gottes. Wenn wir unsere eigene Schwäche aus den Augen verlieren, dann verlieren wir das Einfühlungsvermögen, auf andere in ihrer Schwachheit zuzugehen.
Ein Herz für Menschen zu haben und weder Retter noch Richter sein wollen
Jemand hat einmal gesagt „Einfühlungsvermögen bedeutet: zwei Herzen, die sich eine Last teilen.“ Wir können allein durch unser Auftreten den anderen gewinnen oder von vornherein abschrecken.
Die Fähigkeit zu schweigen
Das Anvertraute darf nicht mit anderen besprochen werden, auch nicht als „Gebetsanliegen“, es sei denn, der Hilfesuchende weiß davon und hat es erlaubt.
„Zuhören ist sowohl eine Gabe als auch eine erworbene Fähigkeit; es hat seinen Ursprung in liebevoller Anteilnahme für den anderen, in der Fähigkeit, sich zurückzunehmen.“
(Duncan Buchanan in The Counselling of Jesus).
Wenn du Liebe für andere hast, Freude am Dienst, bereit bist, dein eigenes Leben und deine eigene Person von Gott und seinem Wort beurteilen zu lassen, dann diene mit Freuden. Gott hat sich entschieden, uns Menschen als seine Mitarbeiter einzusetzen, wissend, dass wir Fehler machen werden und unvollkommen sind. Oft ist es aber gar nicht unbedingt in erster Linie wichtig, dass wir sofort das Problem richtig einordnen und den passenden Rat dazu finden. Viel wichtiger ist es, dass wir dem anderen zuhören und ihn unterstützen und dass wir sein Problem ernst nehmen und mit ihm tragen. Und indem wir dem anderen helfen, die Last mitzutragen gewähren wir Hilfe und Hoffnung und haben schon einen wichtigen seelsorgerlichen Beitrag geleistet.