David und Batseba
David – der Inbegriff eines Königs nach dem Herzen Gottes… und trotzdem ist sein Umgang mit den Menschen nicht immer so herzlich, sondern auch hart und mörderisch. Auch das macht ihn letztlich zu einem Vorbild, ein negatives Muster eben, das in der folgenden Geschichte Davids und seine Familie immer wieder auftaucht.
Das Alte Testament beschreibt seine Helden nicht als glorreiche Menschen, die im Auftrag des Herrn unterwegs sind. Vielmehr sind es Menschen, mit denen Gott Geschichte geschrieben hat, obwohl sie fehlerhaft sind. Die Schattenseiten sind keine Nebensächlichkeiten. Deutlich und ausführlich wird auch das Versagen Davids angesprochen. Er ist bei aller Erwählung und Charakterisierung als Mann nach dem Herzen Gottes eben auch der Mörder und der Ehebrecher. Diese Ereignisse sind maßgebend für die Geschichte Davids.
Das erste und das zweite Samuelbuch sind ursprünglich im hebräischen Kanon ein einziges Buch. Die heutige Trennung der Bücher teilt zwar das erste Buch der Herrschaft Sauls zu, weil dieser in 1. Samuel 31 stirbt und dann erst ab 2. Samuel 1 der Aufstieg Davids zum König über Gesamtisrael möglich wird. Das Alte Testament beschreibt seine Helden nicht als glorreiche Menschen, die im Auftrag des Herrn unterwegs sind. Vielmehr sind es Menschen, mit denen Gott Geschichte geschrieben hat, obwohl sie fehlerhaft sind
Das besondere am Samuelbuch ist aber, dass die unterschiedlichen Erzählungen in einen Gesamtzusammenhang gestellt werden. Es sind keine einzelnen Geschichten oder isolierte Erzählblöcke, die in einer Aufzählung gelistet sind, sondern eine Kette von Ereignissen, die erst in ihrer Abfolge und im Bezug aufeinander einen starken Eindruck und eine eindrückliche Botschaft hinterlassen.
Bevor die Geschichte mit David und Batseba erzählt wird, eröffnet das Samuelbuch eine neue Perspektive für das Volk Israel. Denn mit 2. Samuel 3-7 wird eine neue soziale und geistliche Struktur der Gesellschaft vorgestellt:
- Zum ersten Mal erscheint in Israel eine Königsfamilie mit all ihren Ansprüchen an Macht, Intrigen und Skandalen.
- Mit der Königsfamilie wird zum ersten Mal in der Geschichte Israels die Macht zentralisiert und von dort mit all den betreffenden Ministern gelenkt und geleitet.
- Verbunden damit ist die Führung des militärischen Apparats. Dieses Militär wird im Verlauf auch für die internen Machtansprüche instrumentalisiert werden.
- Israel bekommt mit Jerusalem einen zentralen Regierungssitz des Königs.
- Verbunden damit wird Jerusalem durch die Rückführung der Bundeslade zum Zentrum der Verehrung Jahwes.
→ Gott selbst stellt sich zum Königtum Davids und schließt mit ihm und seinen Nachfolgern einen ewigen Bund (Kapitel 7).
Der neue und der alte König
Mit dem Herrschaftsantritt Davids ist auch immer die Frage verbunden, wie er sich gegenüber den Überlebenden der Familie Sauls verhält, die eigentlich noch Anspruch auf den Thron gehabt hätten. So betont 2. Samuel 9, dass David sich nicht an der königlichen Familie Sauls rächt. Ganz im Gegenteil: er geht großzügig mit Mefiboschet um. Gleichzeitig sichert er sein Königtum, indem er mit Ammon einen der direkten Nachbarn Israels besiegt (2. Samuel 10). Mit diesem siegreichen Vorgehen wird aber auch die Bühne geschaffen für die sich anschließende Geschichte von Uria, Batseba und Nathan in Kapitel 11-12. Als David anfängt seine königliche Familie auf der Grundlage der Sünde zu bauen, wird unmissverständlich klar, dass das nicht von Erfolg gekrönt sein kann. Diese ausführliche Schilderung wird durch Davids Ehebruch mit Batseba eingeleitet. Zur Verschleierung seiner Sünde lässt David Uria, den Ehemann Batsebas, im Krieg gegen die Ammoniter, töten. Dieses Verbrechen Davids führt jedoch zu einer Zurechtweisung durch Nathan. Obwohl David Buße tut, bildet diese Geschichte die Grundlage für die weiteren Kapitel im Samuelbuch. Als David anfängt seine königliche Familie auf der Grundlage der Sünde zu bauen, wird unmissverständlich klar, dass das nicht von Erfolg gekrönt sein kann. Vielmehr löst dieses brutale und rücksichtlose Verhalten eine Kette von Missbrauch und Tötungen aus, die das Königshaus Davids an den Abgrund seiner Existenz bringen. Was David als Vater angefangen hat, wird durch seine Söhne weitergeführt – eben auch sexueller Missbrauch und Mord:
- Der Krieg gegen die Ammoniter wird durch die Entehrung der Boten Davids ausgelöst. Das aber ist eine ethische Vorlage, um das anschließende entehrende Verhalten Davids gegenüber Batseba zu bewerten: David vergeht sich an Batseba, was zum Mord an Uria führt (Kapitel10-12).
- Das was Amnon seiner Schwester antut, wird als etwas angezeigt, was direkte Auswirkungen auf das Schicksal Absaloms hat: Amnon vergeht sich an Tamar, was zum Mord an Amnon führt (Kapitel 13).
- Absalom vergeht sich an Davids Nebenfrauen, was zum Ermordung Absaloms führt (Kapitel 16-18).
Es geht jeweils um Schuld und Strafe, ein bestimmtes Verhalten und dessen Auswirkungen. So sind die beiden anschließenden Erzählungen nach dem Ehebruch mit Batseba auch an die Worte Nathans gebunden, die er in Kapitel 12,9-12 nach der Sünde Davids für seine Familie ausspricht.
Niedergang des Hauses Davids
Zunächst war in Kapitel 1-8 der Niedergang des Hauses Sauls und der Aufstieg der Davids Dynastie beschrieben worden. Er ist eben nicht nur der gütige König, der allein auf Jahwe vertraut. Er ist auch der rücksichtslose Herrscher, der seine Macht missbraucht David aber hatte sich nicht an dem Haus Sauls vergangen. Er hat sie nicht beseitigt, oder sich etwas geholt, was ihm nicht gehört. Gott selber hatte das Königtum Davids gefestigt. Kapitel 10-20 aber zeigt den Niedergang des Hauses Davids. David kann auch anders. Er ist eben nicht nur der gütige König, der allein auf Jahwe vertraut. Er ist auch der rücksichtslose Herrscher, der seine Macht missbraucht. Er unterdrückt Menschen, um seine Ziele und Wünsche zu erreichen. Die Erzählungen zeigen, dass er letztlich sich selbst, seine Familie und seinen königlichen Anspruch beschmutzt –sogar gefährdet. Unaufhaltsam bahnt sich das zerstörerische Verhalten Davids seinen Weg – Schritt für Schritt, Kapitel für Kapitel:
- David hatte sich zwar nicht an dem Hause Sauls vergangen, aber er vergeht sich an Batseba, genauso wie Ammon an Tamar.
- David hat keinen Nachkommen Sauls getötet. Aber innerhalb der Königsfamilie bringen sie sich gegenseitig um. Damit folgen sie David, der mit Uria einen seiner Helden und engen Vertrauten hatte töten lassen.
- David gewinnt zwar gegen die umliegenden Völker und kontrolliert damit die Ammoniter und Aramäer, verliert aber die Kontrolle innerhalb der Familie: Es sterben das neugeborene Kind, Ammnon, Tamar, Absalom.
Der lange Erzählverlauf endet mit der Rückkehr Davids auf den Thron Jerusalems (2. Samuel 19-20). Aber eigentlich hätte David in Kapitel10-12 den Thron verlieren müssen (vergleiche seine Reaktion in Psalm 51). Denn er hatte, als der von Gott eingesetzter Machthaber seine Macht missbraucht. Mit diesem Machtmissbrauch löst er innerhalb der königlichen Familie ein Erdbeben aus, dessen zerstörerische Auswirkungen noch weit zu spüren sind. Einzig die Tatsache, dass er wieder auf dem Thron sitzt, bestätigt die Treue Gottes zu seinem Bund für die Dynastie Davids Er verspielt den Frieden, den er so nie mehr voll bekommen kann. Einzig die Tatsache, dass er wieder auf dem Thron sitzt, bestätigt die Treue Gottes zu seinem Bund für die Dynastie Davids (siehe auch 2. Samuel 22).